Warum Auslandstierschutz?

Auch in Deutschland gibt zahllose herrenlose Tiere, die im Tierheim oder auf der Straße vor sich hin vegetieren. Darum wird auch häufig die Frage danach gestellt, weshalb man den Tieren im Ausland, und nicht den Tieren im eigenen Land helfen sollte. Diese Frage führt jedoch am eigentlichen Thema vorbei und errichtet zwei Parteien, wo eigentlich nur eine vorhanden ist. Diese eine Partei ist das Kollektiv aller hilfsbedürftiger Tiere, unabhängig ihres Wohnortes. Wenn ein Tier leidet, dann leidet es, egal ob es in Spanien, Frankreich, Griechenland, Deutschland oder irgendeinem anderen Land der Welt lebt. Deshalb ist auch von geringer Bedeutung WO dieses Leid bekämpft wird, wichtig ist, DASS es bekämpft wird.

Zwar ist es wahr wenn gesagt wird, dass ein Platz in Deutschland, der von einem ausländischen Hund eingenommen wird, von keinem deutschen Hund mehr eingenommen werden kann und dadurch ein deutscher Hund weniger ein Zuhause findet. Allerdings reduziert diese Sicht der Dinge das Problem auf einen Teilaspekt.
Zunächst wird durch diese Beurteilung suggeriert, der deutsche Hund hätte ein Vorrecht auf den Platz, eben weil er aus Deutschland stammt. Dass ihm dieser Platz nun von einem ausländischen Tier „weggenommen“ wird ist folglich schlecht. Damit wird die Vermittlung des ausländischen Tieres an sich schlecht. Die Tatsache, dass dieser ausländische Hund selbst wahrscheinlich ein mehr als hartes Leben geführt hat oder vor dem bevorstehenden Tod gerettet wurde, spielt dabei keine Rolle. Das konkrete Glück eines spezifischen Tieres wird als bedeutungslos gegenüber dem etwaigen Unglück irgendeines willkürlichen Tieres dargestellt.

Auch ignoriert wird dabei die Tatsache, dass ein Hund kein uniformer Gebrauchsgegenstand ist, an den jeder mehr oder weniger die gleichen Anforderungen stellt. Mit einem Tier geht man eine Beziehung ein, und diese Beziehung kann nur funktionieren, wenn Mensch und Tier zueinander passen. Manch einer ist schon körperlich nicht dazu geschaffen oder befindet sich nicht in der passenden Wohnsituation, einen großen, eigenwilligen Hund zu halten. Ein anderer wiederum kommt vielleicht nicht mit einem kleinen, mitteilungsbedürftigen Hund klar. Sicher ist, dass nicht jeder Hund und jeder Mensch eine wirklich passende Kombination darstellen. Es ist aber gar nicht sicher, dass der zum Menschen passende Hund gerade im örtlichen Tierheim sitzt. Dann muss sich im weiteren Umfeld umgesehen werden. Nimmt in diesem Fall der Hund aus dem Tierheim 50 Kilometer weiter dem Hund im örtlichen Tierheim auch den Platz weg? Wo genau liegt dann der wirklich gravierende Unterschied zwischen dem Hund in 50 Kilometer Entfernung und dem Hund in 500 oder 5000 Kilometer Entfernung?

Letztlich ist auch die Tatsache zu erwähnen, dass deutsche Tierheime selbst unter gewissen Umständen Tiere direkt aus dem Ausland übernehmen. Dies geschieht dann jedoch nicht aus reiner Tierliebe sondern hat durchaus rationale Gründe.Ein Tierheim brauchte beispielsweise große Hündinnen, um die schon lange bei ihnen sitzenden großen Rüden an Gesellschaft zu gewöhnen. Da weder im Tierheim selbst noch in den Tierheimen der Umgebung solche Hündinnen zur Verfügung standen, wurden Hündinnen aus dem Ausland in das deutsche Tierheim vermittelt. Auch diese Hündinnen wurden aus dem Tierheim in deutsche Plätze weitervermittelt.

Aus diesen Gründen, kann das Vermitteln eines ausländischen Tieres in einen deutschen Platz kaum als schlecht dargestellt werden. Zudem ist das Vermitteln der Tiere aus ihren Heimatländern ins Ausland nur ein Teilbereich des Auslandstierschutzes. Im Moment ist die Situation leider die, dass mehr Tiere nachkommen, als Tiere in ein neues Zuhause vermittelt werden können. Deshalb ist auch offensichtlich, dass das Vermitteln nicht als Lösungsweg zur dauerhaften Beseitigung von Tierleid betrachtet wird, sondern zur Bekämpfung akuten Leidens und konkreter Not dient.
Damit sich dauerhaft etwas ändern kann, müssen andere Mechanismen wirken.
Ein wichtiges Element zur Verhinderung zukünftigen Leides sind weitläufige Kastrationsprogramme. Unkastrierte Streunerinnen bringen zahllose Welpen zur Welt, die (wenn sie denn das Erwachsenenalter erreichen) selbst als Streuner leben und sich ebenfalls unkontrolliert fortpflanzen. All diese Tiere führen ein hartes, meist nicht allzu langes Leben auf der Straße.
Aber auch die Kastration von Tieren mit Besitzer ist von enormer Bedeutung. Viele Besitzer wünschen sich Nachwuchs von ihren Tieren. Für ein paar Wochen hat man kleine süße Welpen im Haus, die dann in ein neues Zuhause weitergegeben werden. So zumindest sieht es in der Theorie aus. In der Realität finde jedoch die wenigsten Welpen ein Zuhause und werden, wenn sie eben keine kleinen, süßen Welpen mehr sind, oftmals auf die ein oder andere Art entsorgt. Entweder werden sie in Perreras abgegeben, ausgesetzt oder ihrem jungen Leben wir direkt ein Ende bereitet.
Sowohl durch herrenlose Tiere als auch Tiere mit Besitzern kommt es somit zu einer Nachkommenschaft, die viel zu groß ist, als dass jedes Tier ein Zuhause finden könnte.
Durch Kastrationsprogramme kann einem auf diese Weise verursachter Anstieg leidender Tiere vorgebeugt werden, denn die Zahl der Menschen die ein Tier suchen und die Zahl der Tiere gleicht sich mit der Zeit an.

Da das Problem des Tierleides eigentlich ein von Menschenhand geschaffenes Problem ist, ist es auch sinnig, bei der Bewältigung des Problems beim Verursacher anzusetzen. Dies geschieht in Form politischen Engagements und Aufklärungsarbeit bei der Bevölkerung. Erst, wenn ein Wandel sowohl in den Köpfen der Menschen als auch des staatlichen Umgangs mit dem Tier stattfindet, kann die dauerhafte Reduzierung des Tierleides gelingen.
Menschen müssen verstehen, warum es sinnvoll ist, das eigene Tier nicht unbegrenzt Nachwuchs bekommen zu lassen, warum es nicht einfach ausgesetzt werden sollte und dass ein Tier Bedürfnisse hat, die es Ausleben können muss.
Der Staat muss einen Rahmen schaffen, der keinen Platz bietet für die Möglichkeit, ein Tier leiden zu lassen. Das Tier selbst und die Auslebung seiner Bedürfnisse müssen gesetzlichen Schutz erfahren. Diesen Schutz muss ein funktionierendes Staatsorgan garantieren, das eingreift, wenn sie das Wohl eines Lebewesens bedroht sieht.
In Spanien ist dafür die Seprona verantwortlich. Diese sieht aber viel zu häufig selbst dann keinen Handlungsbedarf, wenn Tiere ganz offensichtlich leiden. Obwohl eine so wichtige Einheit wie die Seprona bereits existiert, besteht hier immer noch enormer Nachholbedarf.

Diesen Wandel sowohl im Privaten als auch im Staatlichen herbeizuführen ist wichtiger Bestandteil der Tierschutzarbeit.

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